Journalist: Sitz gerade, iss nicht mit vollem Mund, nimm die Ellenbogen vom Tisch – ähnliche Bemerkungen hat jeder von uns wahrscheinlich als Kind von seinen Eltern gehört. Schon von klein auf sollte man seinen Nachwuchs mit den wichtigsten Höflichkeitsregeln vertraut machen. Doch wie gehtetwas angehengeht man das am besten anetwas angehenan? Darüber spreche ich heute mit Frau Dr. Hanna Richter, Sozialpädagogin und Erzieherin. Willkommen!

Dr. Richter: Guten Tag!

Journalist: Frau Dr. Richter, wie kann man Kindern am besten vermitteln, was sich gehört und was nicht?

Dr. Richter: Das hängt stark vom Alter ab. Der beste Weg ist immer noch, selbst ein gutes Vorbild zu sein. Besonders Kleinkinder blicken zu ihren Eltern auf. Sie leben in der Überzeugung, dass alles, was Mama und Papa machen, richtig ist. Sie streben danach, wie ihre Eltern zu werden. Das sollte man in den ersten Erziehungsphasen ausnutzen, denn in der Pubertät wendet sich das Blattdas Blatt wendet sichwendet sich das Blatt und die Eltern gelten plötzlich als uncool, im schlimmsten Fall schämt man sich sogar für sie. Dann funktioniert dieser Ansatz nicht mehr oder hat sogar den entgegengesetzten Effekt.

Journalist: Viele Eltern sind ratlos in Bezug darauf, womit sie beginnen sollen. Was ist die Grundlage, auf der man später aufbauen kann?

Dr. Richter: Auf jeden Fall bilden Wörter wie „bitte“, „danke“ und „Entschuldigung“ die wichtigste Erziehungsbasis. Sie sollten in jeder Familie zum festen Bestandteil des täglichen Umgangstons werden. Diese Begriffe stehen für Respekt und Höflichkeit – Werte, die man Kindern von Anfang an beibringen kann. Natürlich versteht ein Zweijähriger nicht, was gute Manieren sind, trotzdem sollte man sie ihm mit der eigenen Haltung aktiv vorlebenetwas vorlebenvorleben. Auf diese Weise verinnerlichtverinnerlichenverinnerlicht er die Regeln schon früh unbewusst.

Journalist: Und wann verstehen Kinder tatsächlich, was es damit auf sich hatetwas auf sich habenauf sich hat?

Dr. Richter: Das passiert früher, als viele vermuten. Das Alter von 3 bis 4 Jahren ist meistens ein Meilenstein in der Entwicklung eines Kindes. In dieser Zeit wächst sein Verständnis für Benimmregeln. Allerdings müssen diese auch altersgerecht erklärt und vor allem im Alltag angewendet werden.

Journalist: Sich zu bedanken oder zu entschuldigen lernen Kinder also schon früh. Das gehört wahrscheinlich zu den weniger anspruchsvollen Aspekten der Erziehung. Gibt es auch Bereiche, die problematischer sind?

Dr. Richter: Schwieriger wird es meistens bei dem Thema „siezen“ und „duzen“. Bis zu einem gewissen Alter ist es für Kinder kaum nachvollziehbarnachvollziehbarnachvollziehbar, welche Erwachsenen mit welcher Form angesprochen werden sollen. Diese Erkenntnis entwickelt sich aber, sobald das Kind eingeschult ist. Ab dem Grundschulalter kann es unterscheiden, wer zur Familie oder zum Freundeskreis gehört und wer in die Kategorie „Fremde“ fällt. Grundsätzlich gilt: Erwachsene, die man nicht kennt, werden mit „Sie“ angesprochen, es sei dennes sei dennes sei denn, sie schlagen dem Kind als Erste das „du“ vor.

Journalist: Was sind die häufigsten Fehler, die Eltern bei der Vermittlung guter Manieren begehen?

Dr. Richter: Manche Eltern nehmen die Sache zu ernst. Sie vergessen dabei, dass nicht immer alles perfekt sein muss. Fehler werden immer wieder passieren. Dann sollte man das Kind nicht bestrafen, sondern höflich darauf hinweisen, was es falsch gemacht hat. Man darf es auch nicht übertreiben. Von einem Kleinkind kann man nicht erwarten, dass es eine Stunde lang gerade am Tisch sitzt und brav seine Suppe löffelt. Kinder sind schnell gelangweilt, verspüren ständig Bewegungsdrang. Man muss ihre Bedürfnisse in der Erziehung berücksichtigen, auch wenn das manchmal zu Stresssituationen führen kann.

Journalist: Können Sie da ein Beispiel nennen? Wann kommen Eltern an ihre Grenzen?

Dr. Richter: Das beste Beispiel ist sicher ein Restaurantbesuch mit Kleinkindern. Jeder von uns hat bestimmt schon erlebt, wie verzweifelt Eltern versuchen, die Kontrolle über ihre Sprösslingeder Sprössling/die SprösslingeSprösslinge zu behalten, während diese mit dem Essen spielen, sich bekleckernsich bekleckernsich bekleckern oder unter den Tisch krabbelnkrabbelnkrabbeln. Hier ist der Stressfaktor am höchsten, weil man an einem öffentlichen Ort ist und von den anderen Gästen beobachtet wird.

Journalist: Gibt es einen eleganten Ausweg aus so einer Stresssituation?

Dr. Richter: Da hilft nur viel Geduld. Man sollte auch nicht zu viel Wert darauf legen, was andere Leute denken, sondern sich mehr auf die Situation konzentrieren. Und vor allem: Ruhe bewahren, sich nicht aus der Fassung bringen lassen. Es gibt kein Wundermittel, man muss einfach immer wieder mit dem Kind sprechen, es aufklären. Generell empfehle ich, die Erziehung konsequent, aber trotzdem locker anzugehen. Ein gesundes Gleichgewicht ist wie so oft im Leben der beste Schlüssel zum Erfolg.

Journalist: Frau Dr. Richter, das war sehr aufschlussreichaufschlussreichaufschlussreich. Vielen Dank für das Gespräch!

Dr. Richter: Gerne!