Gehört Einsamkeit zum Leben? Jeder Mensch fühlt sich doch mal einsam. Können alle mit der Einsamkeit umgehen oder leiden sie darunter? Und ist dieses Gefühl in den letzten Jahrzehnten vielleicht zur Normalität geworden?

Es ist schwierig, Einsamkeit eindeutig zu definieren. Es ist ein Gefühl, daher ist es mit dem subjektiven Empfinden verbunden. Grundsätzlich wird jedoch zwischen Alleinsein und Einsamkeit unterschieden.

Einsamkeit und Alleinsein sind nicht das Gleiche. Wer viele Leute kennt, oft von ihnen eingeladen wird oder beruflich ständig mit anderen Menschen zu tun hat, ist nicht allein, kann sich aber trotzdem einsam fühlen.

Man sagt, Einsamkeit sei schlecht für die Gesundheit. Menschen, die davon betroffen sind, neigen eher dazu, einen ungesunden Lebensstil zu führen. Menschen, die Angst haben, nicht gebraucht zu werden, und die sich ungeliebt fühlen, handeln eher selbstzerstörerisch als Menschen, die sich einer vertrauten Person nah fühlen.

Menschen, die unter Einsamkeit leiden, haben das Gefühl, niemandem wichtig zu sein. Sie denken, mit ihnen stimme etwas nicht und sie würden deshalb abgelehnt. Da sie glauben, dass sie minderwertig sind, halten sie sich für nicht liebenswert und fühlen sich von anderen verlassen.

Eine pessimistische Lebenseinstellung, Selbstkritik und Introvertiertheit bilden oft die Grundlage für ein Gefühl der Einsamkeit. Menschen, die sensibel sind, verspüren den Mangel an sozialen Kontakten sicherlich stärker und tiefer.

Heutzutage leiden nicht nur ältere Menschen unter Einsamkeit, die aufgrund ihres Alters weniger Möglichkeiten haben, Kontakte aufzubauen, oder deren Freunde bereits verstorben sind. Immer mehr jüngere Menschen haben auch damit zu kämpfen.

Ein Gefühl der Einsamkeit entsteht, wenn die Menschen unter einem spürbaren Mangel an sozialen Kontakten leiden oder die Qualität ihrer sozialen Beziehungen unbefriedigend ist.
Am häufigsten sind Singles sowie Witwer und Witwen vereinsamt, seltener Menschen, die in einer Beziehung leben.
Die Einsamkeit ist bei jungen und sehr alten Menschen am höchsten. Erstere beginnen neue Lebensetappen, verlassen das Elternhaus, versuchen, neue Kontakte aufzubauen; letztere sind oft dauerhaft krank und nicht mobil und deswegen auch sozial isolierter. Einsamkeit kann auch durch Arbeitslosigkeit oder mangelnden Kontakt zu Arbeitskollegen verursacht werden. Menschen mit Migrationshintergrund, die sich an eine neue Kultur gewöhnen müssen, können sich aufgrund ihrer Lebenssituation ebenfalls einsam fühlen.

Junge Erwachsene, die an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt stehen, werden mit neuen Umständen konfrontiert, die sich auf ihr Wohlbefinden auswirken. Sie schließen die Schule ab, beginnen eine Ausbildung oder ein Studium und ziehen manchmal an einen anderen Ort.

Obwohl die sozialen Medien das Knüpfen neuer Kontakte fördern, da sie eine zeitlich und räumlich flexible Kommunikation ermöglichen, erschweren sie die direkte Kommunikation mit anderen. Besonders junge Menschen erschaffen außerdem ein virtuelles Image von sich selbst, das sie genauestens kontrollieren. Die Angst, dass dieses Bild bei einem direkten Kontakt zusammenbricht, hat zur Folge, dass die Leute zu Hause bleiben und sich mit ihren Befürchtungen alleingelassen fühlen. Es verändert sich auch die Einstellung zu anderen Menschen. Die Fähigkeit, mit anderen umzugehen und für sie zu sorgen, geht verloren.

Die Ich‑Bezogenheit führt dazu, dass die Menschen meist nur oberflächliche Beziehungen aufbauen und sich wenig engagieren. Sie konzentrieren sich auf sich selbst und vernachlässigen andere. So vereinsamen sie allmählich.

Es lohnt sich, anderen zu helfen und damit auch sich selbst. Unter Menschen hat man das Gefühl, gebraucht zu werden. Man erfüllt eine soziale Rolle in der Gesellschaft und fühlt sich geschätzt. Wichtig ist auch die ständige Arbeit daran, sich anderen Menschen gegenüber zu öffnen und auf sie zuzugehen. Manchmal genügt es, jemanden auf der Straße anzusprechen, um zu erkennen, dass vieles von uns selbst abhängt.

Im Jahr 2008 wurde in Deutschland eine Umfrage zum Thema Einsamkeit durchgeführt. Befragt wurden fast zwanzigtausend Leute ab 16 Jahren. Die Befragten wurden um Zustimmung zu oder Ablehnung der folgenden Aussage gebeten: „Ich fühle mich oft einsam”. Fast 40 % haben die Aussage kategorisch verneint oder geantwortet, dass die Aussage eher nicht stimmt. 15,3 % stimmten eher zu, dass sie sich oft einsam fühlen, und fast 8 % bejahten die Aussage entschieden. Wie würde diese Statistik heute wohl aussehen? Fühlen sich heutzutage mehr Menschen einsam?